Wird ein Bewohner im Altenheim krank und ist kein Arzt verfügbar, bleibt dem Personal oft keine andere Möglichkeit, als den Rettungsdienst zu rufen, der den Patienten in der Regel ins Krankenhaus bringt. Das hat negative Folgen sowohl für den Patienten als auch für die Krankenhäuser, die unter der oft unnötigen Belastung leiden. Das Projekt AIDA hat deshalb ein sogenanntes telemedizinisches System getestet, mit dem Ärzte von ihrer Praxis aus mit den Patienten im Altenheim kommunizieren können und gleichzeitig Zugriff auf ihre wichtigsten Vitalparameter haben. So soll die Zahl der Krankenhauseinweisungen auf ein erforderliches Minimum reduziert werden.
Die Zahl der niedergelassenen Hausärzte sinkt – gleichzeitig steigt der Bedarf an ärztlicher Versorgung. Das liegt vor allem am demographischen Wandel: Es gibt immer mehr alte und pflegebedürftige Menschen, die gleichzeitig immer komplexere, chronische Erkrankungen haben. Eine besondere Herausforderung ist diese Situation für Altenheime. Denn kann dort zur Abklärung einer medizinischen Frage der Hausarzt nicht erreicht werden, bleibt der Pflegekraft oft nur die Möglichkeit, den Rettungsdienst oder den Notarzt zu alarmieren. Die Konsequenzen eines solchen, meist vermeidbaren Rettungsdienst-Einsatzes mit anschließender Krankenhauseinweisung sind vielschichtig. So bindet die Einweisung personelle Kapazitäten, während die Immobilisierung im Krankenhaus für die Patienten mögliche Komplikationen begünstigt. Vor allem unter Demenz leidende Patienten erleben dabei oft eine deutliche Verschlechterung ihres Allgemeinzustandes.
Mehr als eine Videosprechstunde
Das von EFRE geförderte Projekt AIDA (kurz für Arbeitsentwicklung in der Altenpflege durch Einführung eines telemedizinischen Notdienst-Konzeptes) hatte sich deshalb das Ziel gesetzt, die ärztliche Betreuung von Bewohnern im Altenheim trotz eines zunehmenden Ressourcenmangels zu optimieren, mehr Zeit für die menschliche Betreuung der älteren Menschen zu schaffen und unnötige Krankenhauseinweisungen zu reduzieren. Dafür setzte AIDA auf ein sogenanntes telemedizinisches System für die stationäre Pflege. Das dafür entwickelte TeleDoc-Mobile bietet dabei mehr als eine Videosprechstunde. In Zusammenarbeit mit den Pflegekräften haben Hausärzte und ein telemedizinischer Notdienst Zugriff auf wichtige Vitaldaten der Patienten und können in Echtzeit mit ihnen interagieren.
Der Kulturwandel fällt nicht leicht
Das Vorhaben von AIDA war dabei nicht nur mit technischen Herausforderungen verbunden, auch der dahinterstehende Kulturwandel fiel nicht leicht. Etablierte Arbeitsprozesse mussten angepasst, digitale Prozesse in vorhandene nicht-digitale integriert werden. Zugleich warf das Projekt eine Vielzahl wissenschaftlicher Fragestellungen auf: Wie wirkt sich das TeleDoc-Mobile auf die Akzeptanz der Mitarbeiter aus? Wie reagieren die Bewohner darauf, dass ihr Arzt plötzlich im Bildschirm zu sehen ist? Welche Erkrankungen lassen sich aus der Ferne diagnostizieren? Welches Equipment ist hierfür erforderlich? Wie reagieren die Angehörigen? Und wie die behandelnden Ärzte?
Mehr Planungssicherheit für das Pflegepersonal
In einem Pilotprojekt wurde das TeleDoc-Mobile getestet, um Antworten auf diese Fragen zu bekommen. Ziel war es, die Krankenhauseinweisungen auf ein erforderliches Minimum zu reduzieren. So werden nicht nur Kosten eingespart, sondern auch Folgen für die Patienten minimiert, die nicht mehr aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen werden. Auf diese Weise gewährleistete AIDA eine bessere Vernetzung und effektivere Zusammenarbeit zwischen Pflegepersonal und Hausärzten. Für das Pflegepersonal wiederum bedeutete dies mehr Planungssicherheit sowie klare Handlungsvorgaben. Arbeitsablaufe konnten flexibler angepasst werden und es stand mehr Zeit für die Betreuung der Bewohner zur Verfügung. All diese Aspekte wurden wissenschaftlich untersucht, ausgewertet und flossen abschließend in ein Gesamtkonzept ein.
Nutzen für alle Beteiligten nachgewiesen
Das Fazit fällt indes positiv aus: In insgesamt drei Jahren wurden das TeleDoc-System nutzerorientiert optimiert, effiziente Formen der Organisation sowie eine Vorbereitung des Einsatzes in Kooperation mit den Arztpraxen erprobt und der Nutzen für alle Beteiligten nachgewiesen. So konnten die Krankenhauseinweisungen durch die zusätzliche Integration von Telekonsultation für die ärztliche Betreuung von Pflegebedürftigen um teilweise bis zu 30 Prozent reduziert werden. Die Abschlussveranstaltung des AIDA-Projekts Ende März 2023 war zugleich der Kickoff zum Rollout von Televisiten im Kreis Euskirchen. Der große Transfererfolg, der in der Einführung des telemedizinischen Versorgungskonzepts in zehn weiteren Pflegeheimen im Kreis Euskirchen seinen Niederschlag fand, wurde von einem weiteren großen Projekterfolg begleitet.
Gesamtinvestitionen: 1.735.458 Euro
davon
867.729 Euro EFRE Fördermittel
267.565 NRW Landesmittel
Universitätsklinikum RWTH Aachen AöR
MA&T Sell & Partner GmbH
Docs in Clouds TeleCare GmbH
St. Gereon Seniorendienste gGmbH
EVA - Stiftung Evangelisches Alten- und Pflegeheim Gemünd - Malte Duisberg
Verbesserung der Innovationsfähigkeit von Unternehmen
16.11.2019 bis 30.09.2023